Dieter Ilg

Bass

Erste Kontakte

Während der Produktion der image hifi-LP Live in Weinheim erwähne ich gegenüber Frank Kleinschmidt, dem Inhaber des Labels in+out, bei dem Gretje Kauffeld und Paul Kuhn unter Vertrag stehen, eines Abends eher nebenbei beim ein’ oder anderen Glas badischen Rotweins, dass es mir eine Herzensangelegenheit sei, irgendwann einmal eine Solo-Kontrabass-Platte zu produzieren – an eine eigene Aufnahme wollte ich damals nicht einmal denken. Geraume Zeit später erinnert sich Frank Kleinschmidt wohl an diesen Wunsch, ruft mich an und meint, er kenne da einen Bassisten, der an einer solchen Produktion unter Umständen interessiert sei. Und das ist nicht irgendein Bassist, sondern einer der besten, den wir hierzulande haben – wenn nicht der beste überhaupt: Dieter Ilg. Weniger Jazz-interessierten Zeitgenossen – ja, die soll es, wie man hört, auch geben –, die in diesem speziellen Fall ihre Wissenslücken schließen möchten, sei die Adresse www.dieterilg.de em-pfohlen.

Bei einem ersten kurzen telefonischen Kontakt verabreden Dieter Ilg und ich uns nach einem Konzert, das er mit der Saxophon-Legende Charlie Mariano in der Münchener Unterfahrt spielen will, am Auftrittsort. Zwar muss das Konzert dann abgesagt werden, doch befindet sich der Bassist bereits in Oberbayern, so dass wir uns eines schönen April-Abends beinahe konspirativ in einer spärlich beleuchteten Nebenstraße vor einen geschlossenen Restaurant in Weilheim treffen. Schließlich landen Gastro-Kolumnist Dieter Ilg, meine Gattin und ich in einem gutbürgerlich-bayrischen Gasthaus am Marktplatz des Ortes, das es jedoch zu keiner Erwähnung in den kulinarischen Tipps auf oben genannter Homepage schafft.

Der Freiburger Bassist hat gerade mit der Arbeit an einem Solo-Programm begonnen, das er in etwa zehn Monaten erstmals beim World Bass Festival in Esslingen der Öffentlichkeit präsentieren will. Mit den ersten image hifi-LPs, die den ein’ oder anderen nicht gänzlich unbekannten Bassisten-Namen aufweisen können, fällt es mir nicht schwer, Dieter Ilg von einer gewissen Affinität zu voluminösen Viersaitern meinerseits zu überzeugen. So kommen wir schnell überein, in Kontakt zu bleiben und ganz in Ruhe ein Bass-Album zu planen. Während einer Reihe von Telefonaten in den kommenden Monaten tauschen wir dann Ansichten zu Produktionsweise und Aufnahmetechnik aus, wobei wir feststellten, dass keine unüberbrückbaren, ja nicht einmal größere Differenzen bestehen. Wer sein Label fullfat und seinen Internet-Shop Hofladen nennt, der freundet sich auch leicht mit biodynamisch puristischer Analogtechnik an.

Hochherrschaftliche Aufnahmebedingungen

Für Genießer aller Art ist das 5-Sterne-Hotel Schloss Elmau eine der aller ersten Adressen hierzulande – und das bezieht sich keinesfalls nur auf Kulinarisches, die idyllische Lage oder das überwältigende Wellness-Angebot, sondern auch ganz explizit auf Kulturelles im Allgemeinen und Musik im Besonderen. Kein Wunder also, dass es Dieter Ilg gefällt, hier zu arbeiten und aufzutreten. Am 1. April 2008 ist es dann soweit: Er stellt in Elmau sein Solo-Bass-Programm vor. Außer dem Publikum gibt es im riesigen Raum nur den Künstler, seinen Kontrabass und ein paar Mikrofone. Und dieses Publikum ist ein ganz besonderes, denn es verhält sich so diszipliniert wie bei einer Klassikveranstaltung: Da kann man getrost auf die Hilfe – und unvermeidliche Klangverfälschung – eines Bassverstärkers verzichten und auf die reine Kraft des Viersaiters vertrauen. Auch warten die Zuhörer mit dem Applaus bis zum völligen Verebben des letzten Tones. Da fällt dann später die Entscheidung beim Zusammenstellen der Stücke für den Tonträger nicht schwer, die Songs mit dem Ausklingen des Instruments enden und den Applaus außen vor zu lassen.

Auch die Arbeitsbedingungen für das Aufnahme-Trio sind ideal: Der Rückraum der Bühne lässt sich mit schweren Holzwänden abtrennen und bietet so die Möglichkeit, die Bandmaschinen, einen Zwei- und einen Mehrspur-Digitalrekorder sowie das Mischpult und spezielle Mikrofonverstärker in einer Art Regieraum zu installieren. Sogar zwei Monitorboxen samt Bryston-Endstufe finden noch Platz. Im improvisierten Studio können der Musiker und das Technik-Trio während der Proben nach jedem Song die Qualität der Arbeit unter wirklich aussagekräftigen Bedingungen beurteilen. Und da sich die Mikrofonkabel unter den Holzwänden hindurchführen lassen, kommt man auch mit äußerst moderaten Kabellängen aus. Florian Oestreicher, der Inhaber des Münchener Realistic Sound Studios, hat eine kleine Auswahl feiner Neumann-Mikros mitgebracht, die ich noch um einige wenige meiner Lieblings-schallwandler ergänze. Der Tontechniker nimmt mit zwei Hauptmikrofonen, einem M 49 und einem SM 69 fet i sowie mehreren Raummikros, darunter zwei Grenzflächentypen, auf einen 24-Bit-Alesis-Mehrspur-Festplattenrecorder auf, um sich erst beim Mix in seinem Studio für die endgültige Mikrofon-Kombination zu entscheiden. Diesen Luxus erlauben uns weder die beiden Studer A 810 im versetzten Betrieb noch das digitale Back-Up, ein im 24-Bit/96-Kilohertz-Format aufzeichnender Alesis-Festplattenrecorder. In einigen Probeaufnahmen mit drei Raummikrofon-Kombinationen in A/B-, MS- und Blumlein-Konfiguration ermittle ich in Absprache mit Dieter Ilg meine Favoriten: Die Doppel-Acht in Verbindung mit dem Neumann-Stereomikro in XY-Technik direkt vor dem Bass als Hauptmikrofon. Während der Stücke brauche ich mich nur noch um die Aussteuerung und die Laufwerksfunktionen der Festplatten-recorder zu kümmern. Dafür, dass immer ausreichend Band vor den Tonköpfen der Studers liegt, sorgt wie immer meine Gattin.

Fullfat: Die CD

Im Realistic Sound Studio entscheiden sich Dieter Ilg und Florian Oestreicher dann einige Zeit später für die Mikrofone ihrer Wahl – für das SM 69 und die Grenzflächen und gegen das mächtige M 49 –, legen die Lautstärkeverhältnisse fest, komprimieren das Signal feinfühlig und nehmen als erklärte Perfektionisten auch eine Reihe von Schnitten vor. Das geht auf digitaler Ebene zwar leichter als auf der analogen, erfordert, wie ich neidlos anerkennen muss, aber dennoch ein hohes Maß an handwerklichen und musikalischen Fähigkeiten. Die erwähnte feinfühlige Kompression bleibt schließlich auch der einzige Eingriff in puncto Dynamik. Statt für ein finales Mastering entscheidet sich Dieter Ilg lieber für weitgehend naturbelassene, ursprüngliche Lautstärkeverhältnisse. Vielleicht klingt gerade deshalb auch die CD voll fett. Ich verlege meine Anstrengungen indes darauf, den Bassisten davon zu überzeugen, auf nachträgliche Korrekturen bei den für die LP ausgewählten Songs zu verzichten. Dank eines eingespielten Teams von Künstler, Fotografin und Cover-Designer gelingt es Dieter Ilg, die CD Bass bereits am 24. Oktober 2008 auf seinem Label zu veröffentlichen. Einen Link zur Bestellung derselben findet man am Ende dieses Textes.

Vermeintlich Nebensächliches

Sommelier du son hingegen hat gerade erst realisiert, dass man sich auch eingehend Gedanken um die richtig gestaltete Verpackung machen muss, bevor man eine Scheibe auf den Markt bringt: Eine Eins-zu-eins-Vergrößerung des stimmigen CD-Covers wirkt im LP-Format einfach langweilig. Was als Spaß im Umgang mit Künstlern und beim Mikrofonieren begonnen hat, zieht eben auch noch eine ganze Menge von Tätigkeiten nach sich, an die man zuvor nicht einmal im Traum gedacht hat. Und dazu zählt unter anderem das Verfassen von Texten wie diesem ...

Haute Couture

Inzwischen habe ich alle in Elmau aufgenommenen Bänder durchforstet, um die ausgewählten Songs herauszuschneiden. Anschließend füge ich dann einige von ihnen in der gewünschten Reihenfolge zusammen. Mit drei größeren Portionen Session-Tapes machen sich meine Frau und ich schließlich auf den Weg nach Obing. Im beschaulich gelegenen Bauernhof mit angegliedertem Aufnahme- und Schneidestudio erwartet uns ein noch entspannter Thorsten Scheffner, der übrigens auch die klanglich hervorragende image-Big-Band-LP Live At The Domicile in Lack geschnitten hat. Mit der Gelassenheit ist es dann aber schnell vorbei, als ich ihn recht nachdrücklich bitte, an einen der Tracks das Ende eines anderen anzufügen und bei einem weiteren Song, der ohne völlige Stille dazwischen in den nächsten übergeht, den finalen Schnitt zu setzen. Da in der analogen Welt jede Kopie klangliche Verluste mit sich bringt, kann ich Thorsten Scheffners leicht ängstlich klingende Frage, ob denn für den Fall der Fälle eine Sicherheitskopie bereitläge, wahrheitsgemäß nicht positiv beantworten. Nach ein paar bangen Minuten gibt’s dann ein kollektives Aufatmen: Vom ersten Schnitt ist rein gar nichts zu hören, und da Dieter Ilg vor dem übergangslosen Einstieg in den zweiten Song beim ersten kontinuierlich leiser geworden ist, wirkt auch das Ende des ersten Liedes recht organisch.

Nach dem Probeschnitt zweier Songs auf einer nicht mehr ganz frischen Folie und der Kontrolle mit einem auf einem Garrard montierten Continuum Cobra samt Lyra Titan i überspielt Thorsten Scheffner die A-Seite – ohne jegliche klangliche Korrektur oder Dynamik-Beeinträchtigung. Was von den Mikrofonen durch das Mischpult aufs Viertelzoll-Band gelangte, kommt nun über den unvermeidlichen Umweg der RIAA-Beeinflussung auf den Vinylium-Schneidekopf einer Neumann VMS80. Ein kürzerer Signalweg ist nur beim Direktschnittverfahren möglich.

Mein Feind, der Brumm

Und wie klingt das Ganze? Der Probeschnitt, der im Studio über Accuphase-Verstärker und Tannoy-Westminster zu hören ist, lässt selbst im direkten Vergleich mit dem Band keine Wünsche offen. Im eigenen Hörraum entdecken wir dann aber dank LumenWhite, Caliburn, Cobra und Co. zwischen den einzelnen Songs doch noch ein leichtes Störgeräusch, das auf weniger hochauflösenden Anlagen und nach der mechanischen Vervielfältigung bei der Plattenherstellung wahrscheinlich gar nicht mehr aufzuspüren gewesen wäre.

Wir entscheiden uns dennoch, der Sache mit Thorsten Scheffner auf den Grund zu gehen. Und das dauert leider deutlich länger, als wir zuerst vermuten. Wir haben den speziell für Organic Music gefertigten Manley-Röhren-Vorverstärker, der für die Lautstärkeregelung und die Umschaltung zum Vergleich von zu schneidendem und Rückkopplungssignal zuständig ist, als Übeltäter in Verdacht, bauen ihn aus der Schneideanlage aus und verfrachten ihn zur Kontrolle auf den Messplatz von Wiggerl Zausinger. Mit Hilfe eines Rohde & Schwarz-Analysers und eines Tektronix-Ozilloskops kann der Manley dann aber seine Unschuld beweisen. Schließlich stellt sich heraus, dass eine ungewollte Masseverbindung in seiner Peripherie für das Störgeräusch verantwortlich war – ein Problem, das nach langer Suche dann schnell zu beheben ist. Und da Thorsten Scheffner nun einmal für Störgeräusche übersensibilisiert ist, entdeckt er mit Hilfe eines hochverstärkenden Kopfhörerverstärkers auch noch eine klitzekleine weitere Brummeinstreuung, die sich durch die Auslagerung des Netztrafos aus dem Hauptgehäuse einer weiteren Komponente völlig beseitigen lässt.

Feingetunter Höhenflug

Da inzwischen das vermeintlich lukrative Weihnachtsgeschäft längst vorbei und das neue Jahr (2009) angebrochen ist, sehen wir keinen weiteren Grund zur Eile. Auf Thorsten Scheffners speziellen Wunsch hin springe ich dann über meinen eigenen Schatten und höre mir auch eine Folie an, bei der ein Vollröhren-Kompressor für eine Dynamikbeschränkung von gerade mal drei Dezibel sorgt. Das macht sich zwar beim Fremdspannungsabstand und der subjektiv empfundenen Lautheit der Scheibe so gut wie nicht bemerkbar, verleiht dem Bass aber einen ungemein einschmeichelnden, singenden Ton. Der Fairman Tube Master Compressor hat ganz eindeutig euphonische Fähigkeiten. Ich muss gestehen, dass wir kurz davor sind, dem betörenden Sound zu erliegen. Schließlich entscheiden wir uns dann aber doch für die Wahrheit und nichts als die Wahrheit und nehmen den Fairman wieder aus dem Signalweg.

Schließlich experimentieren wir noch mit einem PS Audio Power Plant, der eine fast völlig störungsfreie Sinusspannung für die Schneidemaschine, den Manley, den Vinylium-Controller und die Telefunken-Zuspielmaschine bereitstellt. Eine Folie mit demselben Track, einmal mit, einmal ohne PS Audio geschnitten, liefert dann den Beweis für den positiven Einfluss der sauberen und stabileren Netzversorgung. Ohne nähere Erklärung überlasse ich die Folie ausgesuchten Hörern, wie etwa Micha Huber, dem Schöpfer des Thales-Tonarms, und einem Kollegen. Auch wenn die Beschreibungen der Unterschiede nicht ganz deckungsgleich sind, fällt die Beurteilung eindeutig aus: fünf zu null für die Version, die mit Hilfe des Power Plant geschnitten wurde. Zumindest in klanglicher Hinsicht macht sich die schon langsam peinliche, immer weitere Verschiebung des Erscheinungstermins für die LP also durchaus positiv bemerkbar.

Harte Landung in der analogen Realität

Die ersten Probepressungen treffen dann am Donnerstag, den 16.04.09 in Gröbenzell ein, und wir sind leicht geschockt: Die drei Scheiben weisen zwar keinerlei Fehler auf, lassen aber dennoch ein für unsere Qualitätsvorstellung zu hohes Rauschen vernehmen. Das liegt einerseits daran, dass die Abtastnadel mit deutlich geringerem Nebengeräusch durch die weiche Lackfolie gleitet – und das war bisher unsere Referenz. Das härtere Vinyl ist also für einen Teil des Rauschens verantwortlich. Daran kann man nichts ändern – außer man produziert eine CD statt der LP.

Das Rauschen, das bei einer reinen Kontrabass-Platte von keinem Instrument überdeckt wird, ist bei unseren Anpressungen, absolut betrachtet, übrigens nicht lauter als bei zum Vergleich herangezogenen Scheiben wie der Classic-Records-Produktion Ucross, Dave Hollands Solo-Bass-Album Emerald Tears auf ECM oder auch Charly Antolinis Schlagzeugspektakel Knock Out. Bei den genannten Scheiben hat man wohl nicht völlig auf Kompression verzichtet, so dass der Abstand zwischen Rauschen und leisestem Nutzsignal hier meist etwas größer erscheint. Eine starke Kompression, die subjektiv zu einem besseren Fremdspannungsabstand führen würde, schließen wir aber weiterhin aus.

Auf dünner Nickelschicht

Mit Schneideingenieur Thorsten Scheffner hatten wir geplant, für zukünftige Produktionen zur weiteren Klangverbesserung einen Direktabzug oder neudeutsch: ein One-Step-Plating auszuprobieren. Üblicherweise wird die Lackfolie versilbert und davon auf galvanischem Weg eine Negativform, der „Vater“ hergestellt. Die davon gefertigte „Mutter“ entspricht von der Form der Lackfolie oder der fertigen Schallplatte und kann zur Kontrolle abgehört werden. Knackser lassen sich mit entsprechendem Fingerspitzengefühl mechanisch entfernen. Anschließend wird die Mutter poliert, bevor davon dann wieder per Galvanik der Pressstempel erstellt wird.

Da wir aber den dreifachen galvanischen Umkopierprozess in Verdacht haben, das Rauschen zu erhöhen, entschließen wir uns, schon jetzt Anpressungen von einem Direktabzug herstellen zu lassen. Dabei wird von der versilberten Lackfolie direkt ein Pressstempel gefertigt – ohne die Möglichkeit, Knackser zu beseitigen oder für eine perfekte, gratfreie Schallplattenoberfläche eine Politur vorzunehmen. Es gibt keine Qualitätskontrolle vor der fertigen Pressung, die Produktion erfolgt praktisch im Blindflug. Bei etwaiger Beschädigung des Stempels wird sofort wieder ein neuer Folienschnitt fällig, weswegen man schon zu Beginn des Experiments mehr als ein Paar Folien in die Galvanik geben sollte. Hohe Auflagen sind so natürlich auch nicht möglich: Ein Pressstempel reicht, wenn alles gut geht, für 500 Exemplare, unter Idealbedingungen vielleicht für das Doppelte. Das gesamte – auch finanzielle – Risiko liegt bei den Produzenten – keine verlockende Aussicht.

Durchbruch (klanglich)

Als wir dann die Anpressung des Direktabzugs hören, sind aber alle Bedenken vergessen: Nicht nur das Rauschen wurde ein wenig vermindert und in einen tieferen, weniger störenden Frequenzbereich verschoben. Die Schallplatte bietet nun deutlich mehr Details und Rauminformationen. Die Musik klingt lebendiger. Der Klangverlust gegenüber dem Masterband und der Lackfolie ist deutlich geringer als bei der konventionellen Herstellungsweise. Da sind uns der ein oder andere Knackser egal: Das One-Step-Plating bringt uns dichter ans Masterband. Und deshalb wird die Platte von einem Direktabzug produziert. Wir sind überzeugt, dem Original auf diese Weise so nah zu kommen, wie es beim Medium Schallplatte möglicht ist. Es jetzt muss das Ganze nur noch bis zu High End respektive der parallel stattfindenden hifideluxe über die Bühne gehen.

Von der Pallas erfahren wir, dass die Scheiben am Mittwoch, also einen Tag vor der Messe fertig sein sollen. Man könne allerdings eine kleinere Anzahl mit Hilfe von zwischen die Scheiben gelegten Aluplatten etwas schneller abkühlen und dann per UPS Express rechtzeitig von Norddeutschland nach Bayern schaffen lassen. Zur Qualitätssteigerung trägt diese Vorgehensweise jedoch nicht bei. Und deswegen steht eine weitere Beschäftigung mit vermeintlichen Nebensächlichkeiten an: Wir ermitteln, was ein Kurier kosten würde, der die gesamte Menge Schallplatten Mittwoch Mittag übernimmt und nach Gröbenzell bringt. Der Preis beträgt zwar einen Euro pro Platte, dafür können die Scheiben aber in aller Ruhe kalt werden, kommen garantiert rechtzeitig an und werden auch nicht mehrmals umgeladen. Die Entscheidung ist gefallen, der Kurier wird beauftragt.

Bruch (mechanisch)

Am Dienstag, den 19.05.09, teilt uns die Pallas dann mit, dass die beiden Pressstempelpaare gerade einmal die Produktion von 293 Exemplaren überstanden haben. Mangels Stempel können nun vorerst keine weiteren Platten gefertigt werden. Das Angebot, mit den konventionell erstellten Pressstempeln weiterzumachen, lehnen wir ab, da uns wie oben dargestellt die damit erreichbare Klangqualität nicht zusagt. Um die verfügbaren Scheiben aber dennoch zur Messe zur Hand zu haben, bestellen wir den Kurier nicht mehr ab. Fragen Sie lieber nicht nach den Transportkosten pro Platte …

Leider limitiert

Diese Entwicklung warf natürlich jegliche Kalkulation über den Haufen. Während der hifideluxe verkaufen wir die Scheiben zu einem Messepreis, den wir in aller Eile nach Gefühl festsetzen. Wir hatten und haben nicht vor, den Wert der Platte durch eine Limitierung künstlich zu erhöhen. Aufgrund der geringen, unter hohem finanziellem Aufwand gefertigten Auflage von gerade einmal 293 LPs kommen wir aber nicht umhin, den Preis pro Platte auf 50 Euro festzusetzen, was allerdings dadurch relativiert wird, dass wir unseres Wissens nach momentan die einzige Firma sind, die Schallplatten im klanglich überlegenen Direktabzug-Verfahren herstellt.

Die 293 gepressten Exemplare tragen auf der A-Seite die Gravur 0013-1 AX und auf der B-Seite eine der beiden Signaturen 0013-1 BX oder BXX. Nach einem kurzen Hörtest erachten wir die beiden minimal unterschiedlichen Versionen als insgesamt gleichwertig.

Aufgrund der geringen Stückzahl wird die LP nicht über die bekannten Vinylhändler, sondern lediglich direkt verkauft. Wer dringend eine Dosis Bass braucht und sich nicht gedulden möchte, bis er uns vielleicht einmal auf einer der einschlägigen Messen trifft, sollte sich unter +4981426695344 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! über die Verfügbarkeit der Scheibe informieren, bevor zu den im Netz angebotenen Exemplaren gereift, für die – bisher – Preise von bis zu 120 CHF veranschlagt werden.

Wem jedoch hauptsächlich an der Musik statt an analogem Wohlklang gelegen ist, der kann auf Nummer sicher gehen, einige Euro sparen und über die Homepage Dieter Ilgs die CD beziehen.

Die Linernotes der LP

Eine Solo-Kontrabass-Platte ist keine geringe Herausforderung – und das nicht nur in einer Hinsicht. Zuerst ist da natürlich einmal der Musiker, der sich ganz allein auf seine eigenen Fähigkeiten und seine Inspiration verlassen muss. Dieter Ilg (siehe auch www.dieterilg.de) kann auf ein riesiges Repertoire technischer Virtuosität zurückgreifen, und die Tatsache, dass er sein einziger Dialogpartner auf der Bühne ist, schreckt ihn nicht: „Der wesentliche Teil des Lebens besteht doch aus Selbstgesprächen.“ Wenn diese mit so viel Esprit geführt werden und um derartig interessante Themen kreisen, wäre es schlicht unverzeihlich, sie der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Eine Herausforderung ist die Scheibe auch für die Produzenten. Denn hier geht es um großartige Musik und nicht um großartige Geschäfte mit einem an den Massengeschmack angepassten Allerweltsprodukt. Adieu, Goldene Schallplatte. Bevor wir für dieses nicht unbedingt schnellen Gewinn verheißende Projekt ein Label suchten, gründeten meine Gattin und ich lieber gleich ein eigenes: sommelier du son. Und schon braucht man so gut wie keine Kompromisse mehr einzugehen. Auf unserem Label wird nur die Musik erscheinen, die uns persönlich überzeugt. Das muss nicht ausschließlich Jazz sein. Aber dass die erste Scheibe diesem Genre entstammt und ausgerechnet mit einem Kontrabass eingespielte wurde, verweist schon auf unsere Vorlieben. Bisher ist geplant, lediglich Schallplatten herauszubringen. Aber auch beim Thema digital gilt: Sag niemals nie. Ein Download von Songs in hoher Auflösung erscheint uns in ferner Zukunft immerhin denkbar. Völlig undenkbar ist hingegen, dass die auf LP erscheinende Musik in irgendeinem Produktionsschritt die analoge Ebene verlässt. Jede Menge Spaß bereiteten die technischen Herausforderungen. Da sich bei einer Solo-Bass-LP naturgemäß wenig Töne finden, die etwaiges Band- oder Verstärkerrauschen im Mittelhochtonbereich überdecken könnten, war technischer Purismus oberstes Gebot: Die Signale zweier Stereomikrofone gelangten durch ein Mischpult mit abgeschalteter Klangregelung auf ein Viertelzollband, das sogenannte Session Tape. Die Stücke, die schließlich auf der LP Platz finden sollten, wurden dann aus ihrer Umgebung heraus-geschnitten und in der richtigen Reihenfolge aneinander geklebt. Das Kopieren der Songs von den Session Tapes hätte nur den Fremdspannungsabstand verschlechtert. Und auf eine Dynamikbearbeitung oder das Herausfiltern von schwer zu reproduzierenden Frequenzen haben wir auch verzichtet. Die hätten die Platte zwar auch auf mediokren Anlagen halbwegs passabel klingen lassen, den Genuss über eine hochwertige Wiedergabekette aber beträchtlich geschmälert. Deshalb wurde die Musik ohne jegliches Mastering vom Band direkt in die Schneideanlage eingespielt. Nach einem Direktschnitt ist dies der kürzeste Weg vom Instrument zum Schneidestichel: cut directly from the session tapes. Purismus war natürlich auch beim Editieren oberstes Gebot: Nach mehreren Gesprächen konnten wir uns mit Dieter Ilg auf neun Titel verständigen, in denen nur ein einziger Schnitt vorkommt. Viel näher kann sich eine Tonaufzeichnung nicht am musikalischen Geschehen orientieren: Sie bekommen exakt das zu hören, was der Künstler vor den Mikrofonen spielte.

Reinhören

Einen Song Dieter Ilgs, der in derselben akustischen Umgebung aufgenommen wurde wie die Stücke der LP, können Sie im Download-Bereich des Online-Hifi-Magazines hifistatement.net in CD-Qualität und in hoher Auflösung kostenlos herunterladen.

Playlist

Dieter Ilg - Bass

Seite A
Guter Mond du gehst so stille (Trad.) 5:03
Hanami (Dieter Ilg) 3:32
Cousin Mary (John Coltrane) 4:10
Arirang (Trad.) 2:04
Animal Farm (Dieter Ilg) 4:10
Seite B
E-Blues (Dieter Ilg) 3:39
Ilgoretto (Dieter Ilg) 6:11
Savannah Samurai (Dieter Ilg) 5:29
Es, es, es und es (Trad.) 4:22
Musiker
Dieter Ilg (Kontrabass)
Aufnahme: Birgit Hammer-Sommer und Dirk Sommer
Produzenten: Birgit Hammer-Sommer und Dirk Sommer
Schnitt der Lackfolie: Thorsten Scheffner
Pressung: Pallas
sommelier du son ist ein Projekt von Birgit Hammer-Sommer und Dirk Sommer, bei dem sich alles um gute Musik und ihre adäquate Aufnahme und Wiedergabe dreht.
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